Als Team unschlagbar: über Gründerteam, Rekrutierung und Organisation
„Wer auf andere nicht mehr angewiesen zu sein glaubt, wird unerträglich“ wusste bereits der französische Philosoph Vauvenargues am Anfang des 18. Jahrhunderts und hat damit auch die wichtigste Tugend beschrieben, die im eigenen Business unerlässlich ist. Egal ob man im Team oder alleine gründet, der Erfolg der Unternehmung hängt unmittelbar von der Leistung aller beteiligten Personen ab.
Selbst wenn die eigene Idee noch so gut ist: erst die Umsetzung ist die wahre Herausforderung. Und dabei brauchst du die Hilfe von Menschen die in vielen Dingen besser sind als du selbst.
Das Wachstum in unserem letzten Startup war nur möglich, weil wir in unserem kleinen Team hervorragende Leute hatten, die uns mit ihrer Leistung nicht nur entlastet, sondern bereichert haben.
Also: solltest du mit deinem Unternehmen mehr vorhaben als nur deinen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, vergiss die One-Man-Show. Auch wenn du alleine gründest, brauchst du gute erste Arbeitnehmer als Kern deines Teams.
Die Gründung: alleine oder im Team?
Viele Startups werden von Gründerteams ins Rollen gebracht. Das hat gute Gründe, schließlich sind die Aufgaben vielfältig und in solch einer Fülle vorhanden, dass man damit locker zehn Schreibtische füllen könnte. Ein perfektes Team ist aus recht unterschiedlichen Charakteren zusammengesetzt, die aber „zwischenmenschlich“ gut harmonieren. Wichtige Kompetenzen wie Produktentwicklung, Vertrieb oder Marketing können von jeweils einem Gründer abgedeckt werden. Wichtig ist, dass jeder Gründer seine ganz eigene Stärke mitbringt, in der er seinen Mitgründern jeweils überlegen ist.
Die Rollenverteilung sollte stets für alle Beteiligten klar sein, darf sich aber im Verlauf der Gründung auch schon mal ändern. Schließlich kann sich auch erst im Verlauf der ersten Monate herausstellen, welcher Hut zu welchem Kopf am besten passt. Hauptsache ist, dass jeder Gründer in jedem Moment weiß womit sich seine Kollegen beschäftigen.
Ein Gründerteam kann außerdem wichtige Fragen gemeinsam durchdenken und diskutieren, wodurch wertvolle Erkenntnisse und Gedanken entstehen können. Hier musst du allerdings aufpassen, dass durch zu lange Diskussionen im Gründerteam dringende Entscheidungen nicht vertagt werden, denn es gilt stets „Every decision is better than no decision“.
Es versteht sich von selbst, dass ihr euch im Gründerteam absolut sicher seid, mit den richtigen Gefährten unterwegs zu sein. Dennoch kommt es schon mal zu Situationen, in denen sich die Wege trennen. Um hier bösen Überraschungen vorzubeugen, wenn z.B. ein Gründer aus dem Team vorzeitig das Boot verlassen will, empfiehlt es sich gleich zu Beginn eine vertragliche Regelung zwischen den Gründern festzuhalten, die den Anspruch auf Anteile am Unternehmen an die unmittelbare Tätigkeit im Unternehmen knüpft (sogenanntes „Vesting“).
Auch Einzelgründungen können sehr erfolgreich sein. Zahlreiche Beispiele zeigen aber auch, dass ein kluger Einzelgründer schon direkt zu Beginn der Reise Arbeitnehmer mit ins Boot holt und diese statt mit einem üppigen Gehalt mit Anteilen am Unternehmen belohnt.
Wen soll ich einstellen?
Die ersten Arbeitnehmer in einem Unternehmen sind die wichtigsten Einstellungen überhaupt. Sie übernehmen direkt jene Aufgaben, die bisher auf dem Schreibtisch des Gründers lagen und dringend delegiert werden müssen. Die ersten Arbeitnehmer sind damit unmittelbar für den Erfolg der Gründung mitverantwortlich. Fast so wichtig wie bei Mitgründern ist hier, dass die Fähigkeiten und Charakterzüge diejenigen des Gründers gut ergänzen. Meistens sind die ersten Arbeitnehmer Spezialisten auf einem bestimmten Gebiet.
Dein Anspruch als Gründer sollte es sein, Leute in dein Team zu holen, die in der Lage sind, die Verantwortung für ein gesamtes Thema von dir zu übernehmen. Nur so erlangst du als Gründer wirklich die Freiheit, mehr und mehr am „großen Ganzen“ zu arbeiten. Das setzt voraus, dass neue Leute in diesem einen bestimmten Thema besser sind als du. Suche also nach den Leuten, die dir in einem Thema das du delegieren möchtest um eine Nasenlänge voraus sind und auch willens sind sich komplett auf ein Thema zu fokussieren.
Außerdem solltest du dich auf einer persönlichen Ebene gut mit neuen Mitarbeitern verstehen. Man muss schließlich jeden Tag zusammen arbeiten und viel Zeit miteinander verbringen. Kannst du dir vorstellen mit dieser Person ein Bier trinken zu gehen ohne gleich nach zehn Minuten nach Hause gehen zu wollen?
Nichts läuft ohne Motivation
du als Gründer denkst nicht über deine eigene Motivation nach, jeden Tag zur Arbeit zu fahren. Es ist dir sonnenklar wofür du arbeitest, schwitzt und manchmal auch blutest. Diese Motivation ist aber bei Weitem nicht selbstverständlich für jeden Bewerber, der an deine Tür klopft. Um genau zu sein, ist solch eine Motivation sogar sehr selten. Nach hunderten von Bewerbungsgesprächen kann ich die Kandidaten immer noch an nur zwei Händen abzählen, die mich zu 100% überzeugen konnten, warum sie sich für unsere Idee engagieren möchten und den entscheidenden Unterschied im Team ausmachen. Gerade bei den ersten Angestellten ist es aber wichtig, dass Motivation um die Idee umzusetzen fast genauso hoch ist wie bei dir selber. Selbst wenn du noch so dringend Hilfe benötigst: Kompromisse bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern rächen sich später fast immer. Merke: Das Einstellen von Menschen ist hundertmal leichter als das Entlassen.
Faire Belohnung zahlt sich aus
Jede Person, die in einer frühen Phase in ein Unternehmen kommt, nimmt dafür zum einen eine hohe Job-Unsicherheit in Kauf, wenn das Geschäft noch nicht etabliert ist und verbringt nicht selten mehr als typische 40 Stunden mit Arbeit. Außerdem leisten die frühen Arbeitnehmer einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg eines Startups, fast vergleichbar mit dem Beitrag der Gründer. Es ist daher selbstvertändlich, dass diese Bereitschaft und Leistung in irgendeiner Form fair honoriert werden sollte, sofern man Mitarbeiter langfristig binden möchte. Leider können die meisten jungen Unternehmen entsprechende Jahresgehälter nicht immer nach Marktwert bezahlen. Eine mögliche gute Lösung aber ist es, die Mitarbeiter am Erfolg zu beteiligen. In Deutschland ist das leider nicht so üblich wie z.B. in den USA und ist rechtlich leider auch nicht so einfach. Es gibt aber Wege, z.B. über sogenannte virtuelle Optionen, die einen Anteil am Unternehmensgewinn oder -verkauf festschreiben.
Ein Team ist nur so gut wie seine Organisation
Hat man nun sein erstes Gewinner-Team beisammen, geht es in deiner Rolle als Gründer auch darum die Organisation zu gestalten. Schließlich müssen alle Einzeltalente auch als harmonisches Ganzes zusammenarbeiten.
Zentral ist die Verteilung und Kommunikation von Verantwortlichkeiten. In den Organisationen die ich bis jetzt kennen und mitgestalten durfte habe ich immer wieder festgestellt, dass sehr gute Ideen oder „das Ding, das wir unbedingt machen müssen“ nur auf dem Papier stehen bleiben, wenn es nicht eine einzelne Person gibt, die für die Umsetzung verantwortlich ist. Diese Person muss wissen, was von ihr erwartet wird und die Kollegen müssen auch wissen, wer die Verantwortung trägt. Orientieren kann man sich hier auch gut an den W-Fragen: „Wer macht Was, Warum und bis Wann?“.
Es macht durchaus Sinn auch die Ziele für das gesamte Team, einzelne Abteilungen oder sogar Personen für alle transparent zu kommunizieren. Eine Strategie, die z.B. Google erfolgreich anwendet und von Intel erstmalig eingesetzt wurde sind sogenannte OKR’s (Objectives & Key Results). Hier werden große Unternehmensziele auf einzelne Abteilungsziele bis hin zu persönlichen Zielen herunter gebrochen und sind für alle transparent einsehbar.
Wem das schon zu weit geht, sollte bei einer kleinen Teamgröße zumindest wöchentlich sein Team zusammentrommeln und die Ergebnisse der letzten Woche zusammentragen und bei Bedarf kurz diskutieren. Dazu bietet sich an, mit jedem Mitarbeiter ein monatliches Planungsgespräch zu führen.
Und weiter?
Mit diesem Artikel geht diese kleine Artikelserie zu Ende. Mein Ziel war es, die wichtigsten Punkte zu beleuchten, die am Anfang einer Gründung über den Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Leider kann man in dieser Form nicht jeden Punkt in der vollständigen Tiefe beleuchten. Ich hoffe dennoch, dass meine Ausführungen an dieser Stelle für den ein oder anderen hilfreich sind. Solltest du Anregungen für mich haben oder weitere, tiefer gehende Tipps benötigen, zögere bitte nicht, mich direkt zu kontaktieren (am besten über XING oder LinkedIn).

Über den Autor
Christian Dommers verantwortet aktuell das Business Development der Eyeo GmbH, die Firma hinter der weltweit erfolgreichen Browser-Extension Adblock Plus. Zuvor hat er das Ausgehportal WerGehtHin mitgegründet und war schon vor und während seiner Studentenzeit in mehrere Gründungsprojekte involviert. Christian hat an der Universität zu Köln ein BWL-Studium absolviert. Er hilft Startups und Gründern mit konkreten Tipps aus dem Geschäftsalltag.
Christian Dommers im Netz:
LinkedIn
XING