Auf die Idee kommt es an – Tipps zum guten Start
“Guten Tag, mein Name ist Schmitz , das ist meine Kollegin Frau Müller, wir sind hier als ihre vorläufigen Insolvenzverwalter. Setzen wir uns hin.” Eine schmerzhafte Szenerie, die ich nicht vergessen werde. Dabei hatten wir so hart gearbeitet und viel erreicht. 2 Standorte in Berlin und Köln aufgebaut, 50 Mitarbeiter, 7 stelliger Jahresumsatz, tausende zufriedene Kunden und hunderte glückliche Geschäftspartner. Trotzdem hat es am Ende nicht gereicht. Das Risiko, das jede Gründung mit sich bringt durften wir am eigenen Leib erleben.
Wie es dazu kam? Es gibt viele Gründe die dazu geführt haben könnten, dass unsere damalige Firma nicht weitermachen konnte. Man könnte über einen zu übermächtigen Wettbewerb sprechen, über geplatzte Investorenzusagen, über einen plötzlichen Umsatzeinbruch, letztendlich verbleibt aber auch der Faktor Pech. Fest steht: Alle Beteiligten hatten mit all ihrer Kraft ihr Bestes gegeben um aus unserer Idee ein solides Unternehmen aufzubauen. In diesem Prozess haben wir alle viel gelernt.
An dieser Stelle möchte ich auf Grundlage unserer Erfahrungen einige wesentliche Themen beleuchten, die bei der Gründung eines Unternehmens und gerade in der Anfangszeit wichtig sind. Vielleicht helfen meine Ausführungen dem ein oder anderen durch raues Fahrwasser halbwegs sicher hindurch zu navigieren ohne dabei Schiffbruch zu erleiden. Es würde mich freuen.
Es lebe die Geschäftsidee! Oder auch nicht…
Hier im ersten Teil geht es um die Idee für dein Business. Zu oft begegnen mir in Gesprächen mit jungen Gründern zwei Motive, wenn man sie fragt was sie zur Verfolgung dieser oder jener Idee antreibt:
a) “Die Sache funktioniert in den USA supergut, Startup XY hat gerade eine beeindruckende Finanzierungsrunde hingelegt. Wir machen dasselbe, nur für Deutschland”
b) “Wir haben eine tolle Produktidee – Es wäre doch supertoll wenn wir jene Technik mit dieser verbinden und…” oder: “Wir bauen eine App mit der du überall sehen kannst was deine Freunde gerade machen.” Oder z.B. “Mit unserer App kannst du dir mit einem Knopfdruck im Supermarkt einen Einkaufswagen leihen”
Zu a): Ist eine Idee, die in den USA von Geldgebern eine hohe Finanzierung bekommt, wirklich gut wenn man sie “für den deutschen Markt” umsetzt? Ich bezweifle, dass man die Qualität und das Potential einer Geschäftsidee daran erkennt wie viel Geld jemand damit an Funding kassiert hat. Übernimmt man eine Idee vor allem aufgrund dieser Tatsache, übernimmt man auch gleichzeitig die Risiken, die die Kapitalgeber des Startups eingehen. Es ist vielleicht ein Indikator, dem aber gründliche Prüfungen folgen sollten, der Markt kann schließlich auch falsch liegen. VC-Geber liegen im Schnitt in 9 von 10 Fällen falsch. Kannst du dir mit deinen begrenzten zeitlichen und finanziellen Mitteln erlauben eine Wette mit denselben Chancen einzugehen?
Zu b): In diese Falle bin ich einst selbst getappt. wir hielten es Anfang 2008 für eine wahnsinnig gute Idee den damaligen Social Network Trend aufzugreifen und ein soziales Netzwerk mit einem Eventkalender zu verbinden. Die User sollten sich über die Events und Locations der Stadt miteinander vernetzen und austauschen. Im Nachhinein war das eine Idee von der lediglich Bruchteile funktioniert haben. Bis zu dieser Erkenntnis hatten wir aber bereits monatelang entwickelt und viel Zeit, Geld und Arbeit hineingesteckt. Es ist also nicht ratsam alles technisch machbare auch wirklich umzusetzen. Bloß weil es jetzt technisch machbar ist, ist das noch lange keine gute Geschäftsidee. So mancher interessant klingender Produktnutzen entpuppt sich schnell als Rohrkrepierer wenn man keine Zielgruppe dafür begeistern kann.
“Must-have” oder “nice-to-have”?
Stell dir also unbedingt die Frage, ob deine Idee einen Service oder ein Produkt darstellt, das eine bestimmte (definierte) Zielgruppe jetzt oder in naher Zukunft unbedingt haben muss. Ideen für Produkte, die “nice to have” sind, aber kein wirklich grundlegendes Bedürfnis deiner potentiellen Kunden ansprechen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit zu scheitern.
Stell dir auch die Frage was du verändern willst. Wo gibt es große Probleme die du lösen kannst? Und hat (zumindest ein relevanter Teil) der Menschheit auf eine Lösung gewartet?
Natürlich ebenso wichtig ist deine persönliche Einstellung zur Idee. du solltest dich mit deiner Idee identifizieren können, schließlich willst du sie jeden Tag mit deiner vollen Kraft verfolgen. Das setzt voraus dass du für die Idee “brennst”. Wenn du z.B. eine Shopping-App entwickelst aber mit dem Thema Mode nichts anfangen kannst und ein totaler “Shopping-Muffel” bist würde ich dir davon abraten die Idee zu verfolgen. Ich bin erstaunt wieviele Gründer Ideen verfolgen zu denen sie außer potentiellen Riesen-Exit-Phantasien keinen Bezug haben.
Die Idee testen, anpassen – und verwerfen
Hat man unter Beachtung dieser grundlegenden Punkte schließlich eine spannende Idee für sich entdeckt geht es darum diese auf Herz und Nieren zu überprüfen. Mit überschaubaren Markttests solltest du herausfinden ob eine relevante Zielgruppe (je genauer definierbar desto besser!) bereit ist für dein Produkt einen Preis zu bezahlen, der die Idee für dich profitabel machen kann.
Außerdem ist deine anfängliche Idee wie ein lebender Organismus der sich ständig an neue Begebenheiten und Erkenntnisse anpasst. Man kann jede Menge Geld und Zeit sparen wenn du schon sehr früh die Annahmen für deine Idee in der realen Welt testest. Meistens führen diese Tests zu graduellen Veränderungen der Idee. Es entsteht ein iterativer Prozess, der die Idee immer weiter optimiert, bis dass es sich wirklich lohnt mehr Ressourcen in Form von Zeit und Geld hinein zu investieren.
Als Methoden für diese Vorgehensweise kann und darf man alles wählen was zu Ergebnissen mit ausreichende Aussagekraft führt. Manchmal reicht es z.B. wenn man auf der Straße 10 Personen aus der potentiellen Zielgruppe befragt. Neben kleinen Umfragen kann man z.B. bei Internet-Ideen auch ohne großen Programmieraufwand eine simple Landing-Page bauen, die das Produkt bescheibt und über einen “Kaufen”-Button Conversions misst. Mittlerweile gibt es dafür sogar einen Service.
Wichtig ist es, nach jeder “Datenerhebung” sachlich mit dem Ergebnis umzugehen und die Idee anzupassen und so zu verändern bis das man sicher sein kann, dass eine bestimmte Zielgruppe für das geplante Produkt bereit ist zu bezahlen. Eine anfängliche “Verliebtheit” in die Idee darf nicht dazu führen dass du konsequente Schritte vermeidest, bis hin zur Aufgabe der Idee. Wenn die eine Idee sich nicht eignet um damit deinen Kühlschrank (und hoffentlich viele weitere Kühlschränke) zu füllen, knöpf dir besser die nächste vor. Wie Virgin-Gründer Richard Branson schon sagte: “Business opportunities are like buses; there’s always another one coming.”
Ausblick
Im nächsten Artikel werde ich einige nützliche Tipps zum Geschäftsmodell, Businessplan und (Kern-)Teamaufbau formulieren, die ich selbst erprobt habe aber auch von befreundeten Gründern gerade in den ersten beiden Jahren der Gründung erfolgreich beherzigt werden. Hat man eine gute Idee in den Händen muss diese in einen Geschäftsprozess verwandelt und von einem starken Team umgesetzt werden. Dazu schützt Dich ein richtiges Maß an Planung vor allzu großen Überraschungen.

Über den Autor
Christian Dommers verantwortet aktuell das Business Development der Eyeo GmbH, die Firma hinter der weltweit erfolgreichen Browser-Extension Adblock Plus. Zuvor hat er das Ausgehportal WerGehtHin mitgegründet und war schon vor und während seiner Studentenzeit in mehrere Gründungsprojekte involviert. Christian hat an der Universität zu Köln ein BWL-Studium absolviert. Er hilft Startups und Gründern mit konkreten Tipps aus dem Geschäftsalltag.
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Die Idee zu Geld machen: Geschäftsmodell, Finanzierung und Businessplan | NRW-Startups
18. November 2014 @ 16:04
[…] Hier geht es zum ersten Beitrag von Christian Dommers: Auf die Idee kommt es an – Tipps zum guten Start […]